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Synthetische Kraftstoffe Tankstellen dürfen künftig reinen Biodiesel anbieten

Ohne Erdöl erzeugter Sprit soll nun auch in Deutschland an die Tankstellen kommen: Der Bundesrat macht den Weg für reinen Biodiesel frei. Dafür könnten die Zapfsäulen für klassisches Benzin Platz machen.
Tankstelle (Symbolbild)

Tankstelle (Symbolbild)

Foto: Sven Hoppe / dpa

Auto- und Lkw-Fahrer werden künftig auch Diesel tanken können, der komplett ohne Erdöl hergestellt wurde. Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat an diesem Freitag einer Verordnung der Bundesregierung zu, die den Weg für die Einführung von reinem Biodiesel freimacht. Sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe, die aus Abfallstoffen und Pflanzenölen hergestellt werden, werden damit auch für den öffentlichen Vertrieb zugelassen. Einige Tankstellenbetreiber bereiten den Start für den 13. April vor, mit flächendeckendem Angebot ist laut ADAC vorerst nicht zu rechnen.

Bislang erlaubt der Gesetzgeber in Deutschland im Diesel nur Biokraftstoff-Beimischungen von sieben Prozent. Laut Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) soll dieses bereits gängige B7 künftig als »Bestandssorte« an deutschen Tankstellen gelten, also als normaler Dieselkraftstoff. Hinzu kommt nun auch eine zehnprozentige Beimischung (B10). Dafür entfällt die Pflicht, neben einer ähnlichen Benzinmischung mit Ethanol (E10) auch klassisches Benzin anzubieten. So würden Kapazitäten für die Alternativen frei, begrüßte der ZDK den Schritt.

Weg vom fossilen Diesel

Zudem sollen die Tankstellen auch 100-prozentigen Biodiesel verkaufen dürfen. Das Kürzel HVO bedeutet Hydrotreated Vegetable Oils: mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle. Diese Stoffe werden bereits in großen Raffinerien hergestellt und etwa von der Deutschen Bahn in Dieselloks eingesetzt, um auf fossilen Diesel verzichten zu können.

Einige Tankstellen verkaufen bereits HVO an geschlossene Kundenkreise, ausschließlich im öffentlichen Nahverkehr, der Logistik oder der Landwirtschaft. Auch die kommende Nachfrage erwarte man vorwiegend von Speditionen, teilte der Bundesverband freier Tankstellen (BfT) mit: »Wir schätzen, dass 80 Prozent der HVO-Nutzung gewerblich sein wird.« Der Stoff ist um rund 15 bis 20 Cent pro Liter teurer als herkömmlicher Diesel. Die Firmen können ihn nutzen, um eigene Ziele zum Senken von CO₂-Emissionen einzuhalten.

An den Tankstellen wird HVO mit dem Label XtL gekennzeichnet, das für »X-to-liquid« steht, wörtlich also eine aus einem beliebigen Stoff gewonnene Flüssigkeit. Auch mit grünem Wasserstoff ohne biogene Ausgangsstoffe erzeugter E-Diesel könnte als XtL vermarktet werden, wenn solche E-Fuels produziert würden. Das gilt jedoch noch als Zukunftsmusik .

HVO wird mitunter mit den viel diskutierten E-Fuels verwechselt, mit denen manche auf eine Zukunft für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hoffen. So warf der CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß der Bundesregierung vor, deutschen Autofahrern E-Fuels vorzuenthalten, die es anderswo längst gebe. Tatsächlich sind HVO in anderen EU-Staaten wie Italien oder Schweden schon zugelassen, Deutschland folgt jetzt.

Der XtL-Sprit könnte prinzipiell auch aus fossilem Erdöl oder Erdgas gewonnen werden, wäre dann aber nicht klimaschonend. Um das zu verhindern, änderte die Ampelkoalition zugleich ein Gesetz zur Beschaffung sauberer Fahrzeuge. In den nach diesem Gesetz geförderten Vehikeln darf kein HVO aus fossilen Stoffen oder Palmöl mehr eingesetzt werden. Auch dieses Vorhaben billigte der Bundesrat am Freitag.

Wenige Automodelle für HVO freigegeben

Da Biodiesel weniger CO₂ verursacht als herkömmlicher Diesel, soll auf diese Weise auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Fraglich ist allerdings, in welchem Umfang der neue Treibstoff künftig verfügbar sein wird. Laut Bundesumweltministerium werden Altspeiseöle – beispielsweise gebrauchtes Frittierfett aus der Gastronomie – bereits heute vollständig als Beimischung im Verkehr eingesetzt.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sprach gleichwohl von einem »guten Tag für die Umwelt und das Klima«. Erneuerbare Kraftstoffe könnten einen maßgeblichen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor leisten, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. »Auf dem Weg zu klimaneutralem Verkehr sind erneuerbare Kraftstoffe die passende und dringend notwendige Ergänzung zur tragenden Säule Elektromobilität.«

Dem Motor soll der Kraftstoff dabei keinen Schaden zusetzen. »Moderne Dieselmotoren sind grundsätzlich dafür geeignet«, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing. »Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes«, heißt es in einer Erklärung unter anderem vom ADAC. Allerdings haben die Hersteller laut dem Autoklub bislang nur wenige Modelle für die Nutzung von HVO freigegeben.

ani/ahh/dpa