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Attacke bei CDU-Parteitag Warum Merkel jetzt die SPD mobbt

"Viel kleiner kann man sich nicht machen": Beim CDU-Parteitag macht sich Kanzlerin Merkel fast schon lustig über ihren Koalitionspartner. Was steckt hinter der Attacke auf die SPD?
Attacke bei CDU-Parteitag: Warum Merkel jetzt die SPD mobbt

Attacke bei CDU-Parteitag: Warum Merkel jetzt die SPD mobbt

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Angela Merkels Rede beim CDU-Parteitag war fast zu Ende, da drehte die Kanzlerin noch mal auf. Nicht um ihre eigene Partei ging es und nicht um das Land, sondern um den Koalitionspartner. Deutlich wie nie zuvor machte die Kanzlerin klar, wie wenig sie von den Sozialdemokraten hält. "Wie viel kleiner will die SPD sich eigentlich noch machen?", ruft Merkel den tausend Delegierten zu, "sich als stolze Volkspartei in die Juniorrolle unter der Linkspartei zu begeben?"

Merkel spielt damit auf die Wahl von Bodo Ramelow in Thüringen am vergangenen Freitag an, die SPD ist in der Regierung des Linken-Ministerpräsidenten der kleinere Partner. Die Kanzlerin legt noch einen drauf: "Ich halte das Verhalten der SPD in Thüringen für eine Bankrotterklärung - eine Bankrotterklärung an den eigenen Anspruch, als Volkspartei wirklich Zukunft gestalten zu wollen."

Das hat es selten gegeben: Die Chefin der größeren Regierungspartei fällt über den kleineren Koalitionspartner her, mehr noch - Merkel macht sich über die SPD beinahe lustig. Bislang ging Merkel in ihren Parteitagsreden zumeist pfleglich mit ihren Koalitionspartnern um, lediglich die FDP bekam vor zwei Jahren einmal eine Klatsche mit: "Gott hat die FDP nur geschaffen, um uns zu prüfen", sagte Merkel da unter dem Gelächter der Delegierten.

Heute ist die FDP fast Geschichte, und mit einem Mal findet Merkel fast liebevolle Worte für die Liberalen. "Sie ist und bleibt unser natürlicher Koalitionspartner", sagt sie. "Manchmal kann ich mich nur wundern, wie die FDP von vielen abgeschrieben wird." Die schwarz-gelbe Regierung habe "viele Weichen richtig gestellt".

Warum diese ungleiche Verteilung der Liebe?

Eine Antwort ist zunächst einmal ganz banal: Merkel will den CDU-Wirtschaftsflügel bei Laune halten, und bei ihrer Wiederwahl mit 96,7 Prozent schadeten die Stimmen der Mittelständler natürlich auch nicht. Gerade die Unionswirtschaftspolitiker leiden unter der Großen Koalition. Ihnen passt nicht, dass die Union fast 42 Prozent bei der Bundestagswahl geholt hat und jetzt sozialdemokratische Projekte abarbeitet. Die Rente mit 63 oder den Mindestlohn, Kernvorhaben des ersten Jahres der Großen Koalition, erwähnt Merkel in Köln daher erst gar nicht.

Merkel steuert die absolute Mehrheit an

Zum anderen ist der Koalitionspartner SPD der Hauptgegner bei den meisten der anstehenden Landtagswahlen. In Rheinland-Pfalz soll Parteiliebling Julia Klöckner 2016 für harte Jahre auf der Oppositionsbank endlich belohnt werden. Und in Nordrhein-Westfalen will Merkel im Jahr darauf, wenige Monate vor der Bundestagswahl, das Gegenmodell zu ihrer Sparpolitik im Bund gern beenden. Entsprechend heftig geht sie Hannelore Krafts Regierung an. "Vier Regierungsjahre, vier Niederlagen vor dem Landesgerichtshof", referiert sie, "ihr müsst dafür sorgen, dass Nordrhein-Westfalen ein Rechtsstaat bleibt."

Vor allem aber droht das Klima in der Großen Koalition nach dem rot-rot-grünen Sündenfall in Thüringen tatsächlich rauer zu werden. Die SPD hat gezeigt, dass Rot-rot-grün eine Machtoption ist, wenn auch vorerst nur im Land. Projekte wie Maut, Familienpflegezeit oder die Frauenquote werden in Berlin längst nicht mehr so leicht durchgewunken wie bislang.

Einen Ausweg aus der sozialdemokratischen Gefangenschaft bietet Merkel den CDU-Leuten in Köln auch. "Nur die eigene Stärke, nur eine starke Union wird Rot-rot-grün 2017 im Bund unmöglich machen."

Solch ein Ergebnis kann die Union nur mit Merkel erreichen. Klammheimlich gibt sie so zu erkennen, dass sie wohl noch mal antritt.