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Die Lage am Morgen Trump kungelt mit den Ölbossen

Heute geht es um Donald Trumps Pläne für eine Kehrtwende in der US-Klimapolitik, um den Streit zwischen Washington und Jerusalem über den Krieg in Gaza – und um Boris Pistorius, der Christian Lindner piesackt.

Joe Bidens Signal an Israel – und an die eigenen Wähler

Es ist ein bemerkenswerter Schritt: Erstmals seit dem Beginn des Gazakonflikts hat US-Präsident Joe Biden gegenüber dem israelischen Premier Benjamin Netanyahu eine rote Linie markiert. Biden will, dass es endlich zu einer Feuerpause in Gaza kommt. Sollten israelische Streitkräfte eine Invasion der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens unternehmen, würden die USA dieses Vorhaben nicht unterstützen, machte der Präsident deutlich. Sprich: Biden würde die Lieferung von Waffen, die für einen solchen Einsatz gebraucht würden, deutlich drosseln.

Joe Biden und Benjamin Netanyahu

Foto: REUTERS

Die Botschaft des US-Präsidenten ist auch als Signal an die eigene Wählerschaft zu verstehen. Speziell im linken Lager der demokratischen Partei, bei Jungwählern und bei arabischstämmigen Wählern im wichtigen Swing State Michigan bröckelt seit Beginn des Gazakriegs Bidens Unterstützung. Viele Wählerinnen und Wähler aus diesen Gruppen werfen ihm vor, nicht genug zum Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza zu unternehmen. Biden gibt diesem Druck nun weiter nach: Eigentlich ist er ein großer Freund Israels. Aber die Liebe zu dem Land geht dann offenbar doch nicht so weit, dass er bereit wäre, jetzt seinen Wahlsieg im November zu riskieren.

In Israel sorgt die Warnung aus Washington derweil für viel Wirbel. Premier Netanyahu reagierte trotzig und erklärte, Israel komme auch allein klar. Aber der Premier steckt weiter in einem Dilemma: Einerseits wächst der internationale Druck auf Netanyahu, mit der Hamas eine Feuerpause zu vereinbaren und von Rafah abzulassen. Andererseits lehnen die rechten Hardliner in seiner Koalition jede Form von Zugeständnis gegenüber der Hamas ab und wollen den Krieg fortsetzen. Würden sie seine Koalition verlassen, käme es womöglich zu Neuwahlen, danach wären Netanyahu und seine Hardlinerfreunde mit ziemlicher Sicherheit erst einmal kaltgestellt. Das wäre nicht der schlechteste Ausgang, auch nicht für Joe Biden.

Trump und die Ölleute

Donald Trump benötigt dringend Cash. Die Wahlkampfkassen des Präsidentschaftskandidaten sind wegen der hohen Anwaltskosten in seinen diversen Strafverfahren weit weniger gefüllt als die von US-Präsident Joe Biden. Auch Großspender scheinen weiter zu Trump auf Distanz zu bleiben. Deshalb nutzt der Republikaner inzwischen offenbar jede freie Minute neben seinem New Yorker Schweigegeld-Prozess, um frisches Geld einzuwerben.

Donald Trump in Mar-a-Lago

Foto: Rebecca Blackwell / AP

Zu einer denkwürdigen Runde kam es dabei laut »Washington Post« und »New York Times« unlängst in Trumps Strandresidenz Mar-a-Lago in Florida. Trump soll da die Vertreter großer Ölkonzerne zum Essen bewirtet haben, um aggressiv um deren finanzielle Unterstützung zu werben. Angeblich habe Trump den Ölbossen sogar einen seiner berühmten »Deals« vorgeschlagen: Sie sollten für ihn eine Milliarde US-Dollar an Wahlkampfspenden einwerben, dafür werde er im Gegenzug als Präsident alles tun, um staatliche Umweltauflagen für die Ölindustrie und den Ausbau der Windenergie zurückzufahren. Zugleich soll er zugesichert haben, Subventionen für Elektroautos in den USA zu kürzen und den Export von Flüssiggas (LNG) zu erleichtern.

Die Ölbosse werden es gern gehört haben. Sollten sie sich tatsächlich auf den Handel einlassen und Trump im Wahlkampf massiv unterstützen, könnte sich dies für sie am Ende auszahlen. Das nennt man dann ein hübsches »return on investment«.

Pistorius piesackt Lindner

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist derzeit in den USA und Kanada unterwegs. In Washington kündigte er an, Deutschland werde den Amerikanern drei Raketenwerfersysteme vom Typ Himars abkaufen und an die Ukraine liefern.

Ganz nebenbei sorgt Pistorius während seiner Reise für einigen Unmut bei Finanzminister Christian Lindner (FDP). Der Grund: Pistorius hat wieder einmal laut über eine deutliche Aufstockung des Verteidigungsetats nachgedacht. Schon im kommenden Jahr sieht er einen Zusatzbedarf von 6,5 bis sieben Milliarden Euro für die Anschaffung neuer Waffen – Tendenz steigend.

Boris Pistorius bei seinem Treffen in Washington mit dem US-Kollegen Lloyd Austin

Foto: Jim Watson / AFP

Pistorius will die Schuldenbremse – sie ist Lindner bekanntlich heilig – umgehen. Ausgaben für die Verteidigung und auch für Teile der Krisenvorsorge sollten von der Schuldenbremse ausgenommen werden, findet Pistorius. Die Argumentation des Ministers ist simpel: Die Schuldenbremse steht in der Verfassung, aber der Schutz der Bürger durch den Staat eben auch, und dieser müsste unbedingt gewährleistet werden, meint er.

Finanzminister Lindner reagierte prompt auf den Vorstoß: »Der Kollege Pistorius zeigt leider nur die Option auf, Sicherheit durch Schulden zu schaffen. Den Bürgern werden so immer mehr dauerhafte Zinslasten aufgehalst«, beschwerte sich der FDP-Chef via dpa. »Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft in Fahrt zu bringen.« Man ahnt es schon, dieser Koalitionsstreit wird noch ein Weilchen andauern.

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Verlierer des Tages…

Russlands Präsident Wladimir Putin

Foto: Alexander Zemlianichenko / dpa

…ist Russlands Präsident Wladimir Putin. Er nutzte die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges über Hitlerdeutschland in Moskau zu scharfen Attacken auf den Westen. Putin behauptete erneut, Russland sei im Konflikt um die Ukraine nicht Täter, sondern Opfer: Nicht er, sondern die westlichen Staaten würden »regionale Konflikte und interethnische Feindseligkeit schüren«, die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg »verfälschen« und die Geschichte »verhöhnen«. Zugleich drohte Putin dem Westen erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen: »Unsere strategischen Kräfte sind stets in Alarmbereitschaft«, sagte er.

Die US-Regierung hat derweil eine recht gelassene Antwort auf Putins Drohungen gefunden. US-Regierungssprecher John Kirby bringt sie so auf den Punkt: »Wenn Putin und russische Offizielle befürchten, dass ihre Truppen in der Ukraine von in anderen Ländern hergestellten Waffen getroffen werden könnten, ist der einfachste Weg, dies zu vermeiden, einfach ihre Truppen abzuziehen.«

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Diesen Text möchte ich Ihnen heute besonders empfehlen:

Goodbytz-Gründer Stürmer, Deutmarg

Foto:

Niklas Grapatin / DER SPIEGEL

Tischlein deckt sich: Kochroboter sollen Angestellten in Restaurants und Kantinen die Arbeit abnehmen. Ist das die Lösung für den Personalmangel in der Gastronomie? Meine Kollegen Simon Book und Henning Jauernig haben in Kalifornien und in Deutschland mit Erfindern solcher Hightechmaschinen gesprochen. Und sie haben einem echten Koch dabei zugesehen, der sich von einem Roboter helfen lässt. Bis zu 150 Gerichte pro Stunde schafft der Küchenroboter. Und am Ende schmeckt es sogar, so das Urteil meiner Kollegen: »Der Salat ist knackig, die Pasta al dente, beim asiatischen Gericht sind alle Gewürze perfekt aufeinander abgestimmt 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Roland Nelles, US-Korrespondent

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