Die Lage am Morgen Die drei Worte, die Björn Höcke vor Gericht brachten
Heute geht es um den Prozess gegen Thüringens AfD-Chef. Um die umstrittene EU-Asylreform. Und um das bittere Dilemma der Ukraine.
Wiederholungstäter Höcke
Gestern erst verlor die AfD vor Gericht gegen den Verfassungsschutz , heute wird im Prozess gegen ihren rechtsextremen Frontmann Björn Höcke ein Urteil erwartet. Der Chef der Thüringer AfD hat 2021 in Merseburg in Sachsen-Anhalt auf einer Wahlkampfveranstaltung eine Rede mit der verbotenen Naziparole »Alles für Deutschland« beendet. Jetzt muss er sich vor dem Landgericht in Halle an der Saale verantworten.
Höcke bei Ankunft zur Verhandlung
Foto: REUTERSDie Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Geschichtslehrer vor, ganz genau gewusst zu haben, was er da sagte. »Ich bin tatsächlich völlig unschuldig«, beteuerte Höcke vor Gericht. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Losung verboten sei. Das kann man glauben, muss man aber nicht.
In einem zweiten Verfahren, das gegen ihn läuft, wird er sich so jedenfalls nicht rausreden können. Bei einem Auftritt im thüringischen Gera ließ er Ende 2023 die verbotene SA-Losung vom Publikum wiederholen. »Alles für unsere Heimat! Alles für Sachsen-Anhalt! Alles für…«, rief Höcke. Die Menge antwortete: »Deutschland!« Am 1. Mai soll er sein Publikum erneut dazu animiert haben, die Losung zu rufen.
Höcke dürfte im aktuellen Prozess eher glimpflich davonkommen . Der Richter erklärte bereits, dass er wohl nicht mit einer Freiheitsstrafe, sondern nur mit einer Geldstrafe zu rechnen habe. Trotzdem geht von diesem Prozess die Botschaft aus: Die Justiz hört hin. »Die deutschen Strafgesetze zielen darauf ab, zu verhindern, dass in Deutschland NS-Parolen wieder auf den Straßen zu hören sind. Das ist keine kleinliche Schikane der Justiz, sondern eine Lehre aus den NS-Verbrechen«, sagt meine Kollegin Wiebke Ramm, die den Prozess beobachtet.
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Letzte Hürde für die EU-Asylreform
Heute soll voraussichtlich die umstrittene Asylreform von den EU-Ländern in Brüssel final abgenickt werden. Eigentlich ist es nur noch eine Formalie. Dass diese letzte Hürde nach Jahren des Streits nun genommen wird, dürfte dennoch für Schlagzeilen sorgen.
Im April hatte das EU-Parlament über die Asylreform abgestimmt
Foto: Geert Vanden Wijngaert / dpaDie wichtigste Änderung: Ein Teil der Asylverfahren soll direkt an den Außengrenzen entschieden werden. Wer aus einem Land mit einer niedrigen Anerkennungsquote kommt, muss dort ausharren, bis über den Asylantrag entschieden ist. Bei einem negativen Bescheid soll direkt die Abschiebung folgen. Die Mitgliedstaaten hoffen, so die irreguläre Migration deutlich zu reduzieren.
»Eigentlich glaubte man, das EU-Migrationspaket sei ein Durchbruch, der dafür sorgen würde, dass das Thema keine große Rolle spielt im Europawahlkampf«, sagt mein Kollege Timo Lehmann. Ein Rezept auch gegen die extremen Rechten, die bei der Europawahl in mehreren EU-Staaten triumphieren könnten. Doch wirklich ruhig dürfte es um das Thema Migration nicht werden. »Jetzt, so hört man, wollen Länder wie Tschechien oder Dänemark doch noch mehr. Sie werben für das Ruanda-Modell, eine Verlegung der Asylverfahren in Drittstaaten«, berichtet Timo. Nach der Wahl soll weiter an der EU-Asylpolitik gewerkelt werden.
Bis sich in der Praxis etwas ändert, kann es ohnehin noch dauern. Die Reform soll innerhalb der nächsten zwei Jahre umgesetzt werden – und viele rechtliche Fragen sind noch offen.
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Das Dilemma der Ukraine
Die Lage in der Ukraine ist bitter. Seit Russland vergangene Woche im Norden nahe der ukrainischen Stadt Charkiw eine neue Front eröffnet hat, musste die Ukraine Truppen dorthin verlegen. Truppen, die eigentlich anderswo gebraucht werden.
Kanzler Olaf Scholz mit den Regierungschefs von Island, Finnland, Dänemark, Schweden und Norwegen
Foto: Pontus Lundahl / APIn einem lesenswerten Stück haben meine Kollegen die Situation analysiert: »Russlands Offensive stellt die Ukraine vor ein Dilemma. Schickt sie zu viele Truppen in den Nordwesten, Richtung Charkiw, droht die Front im Donbass ins Wanken zu geraten«, schreiben sie. »Vernachlässigt sie Charkiw, könnten die Russen bei schwacher Gegenwehr auch mit begrenzten Truppen ins südlich liegende Kupjansk vorrücken – einen strategisch wichtigen Knotenpunkt.«
In der deutschen Politik wird die drastische Verschlechterung der Lage genau registriert. Aber was folgt daraus? Bundeskanzler Olaf Scholz ist – Lage-Leserinnen und Leser wissen das – gerade zu Besuch in Schweden. Dort traf er sich gestern mit den nordischen Regierungschefs und versprach weitere Unterstützung. Konkrete Zusagen gab es aber nicht. Heute steht ein bilaterales Gespräch zwischen Scholz und dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson an.
Die Bundesregierung ist gerade dabei, zusätzliche Patriot-Flugabwehrsysteme für die Ukraine zu organisieren. Deutschland selbst hat kürzlich ein weiteres zugesagt. Die Ukraine braucht aber noch sechs bis sieben. Und was akut vor allem fehlt, sind Truppen und Artilleriemunition. Der Druck, das Land noch stärker zu unterstützen als bisher, dürfte in den nächsten Tagen wachsen.
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Die Freiheit, die sie meint: Lange forderten ihre CDU-Kritiker, Angela Merkel möge abtreten. Jetzt, da sie ganz auf Distanz geht, beklagt sich die Partei. In dieser dysfunktionalen Beziehung sieht keine Seite gut aus.
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Verlierer des Tages…
…ist Hans-Georg Maaßen. Sie erinnern sich, der Ex-Verfassungsschutzchef, der mittlerweile selbst im Fokus des Verfassungsschutzes steht. Im Februar hatte er unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit Mitstreitern eine eigene Partei gegründet – die WerteUnion, benannt nach dem lange CDU-nahen Verein WerteUnion.
Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen
Foto: Michael Reichel / dpaDoch für Maaßen und seine neue Partei läuft es nicht. In bundesweiten Umfragen wird die WerteUnion – anders als das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht – nicht einzeln aufgeführt. Zwar hat die WerteUnion bereits mehrere Landesverbände gegründet, etwa in NRW. Doch die Resonanz bleibt überschaubar. Schlagzeilen machten interne Querelen.
Und nun wirft auch noch die Finanzierung der Maaßen-Partei Fragen auf. Diese hat, wie mein Kollege Sven Röbel berichtet, ihre erste Großspende in Höhe von 50.000 Euro erhalten und womöglich gegen mehrere Regeln verstoßen – was die Partei dementiert. Fragwürdig erscheint auch, dass die Großspende vom »WerteUnion Förderverein e.V.« stammt. Dieser muss anders als die Partei selbst seine Finanzen nicht offenlegen. Transparenz sieht jedenfalls anders aus.
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»Seit ich keine Drogen mehr nehme, kaufe ich Gitarren«: Meine Kollegen Andreas Borcholte und Arno Frank haben den Guns-N’-Roses-Gitarristen Slash getroffen und mit ihm über die wirklich wichtigen Fragen des Rock-Zirkus sprechen können: Wie pflegt man diese Lockenmähne? Wie war’s mit Ryan Gosling bei den Oscars? Muss jeder Gitarrist ein Bluesalbum aufnehmen? Ein SPIEGEL-Gespräch über Männlichkeitsbilder, geklaute Platten und die Sucht nach Instrumenten, das ich Ihnen hiermit ans Herz legen möchte .
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihre Maria Fiedler, stellvertretende Leiterin des SPIEGEL-Hauptstadtbüros