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Waffenhilfe für die Ukraine Bundesregierung kündigt Lieferung von Marder-Panzern an

Frankreich machte es zuerst publik, nun ziehen die USA und Deutschland nach: Die Bundesregierung will der Ukraine Marder-Schützenpanzer liefern. Nach SPIEGEL-Informationen will man auch beim Flugabwehrpanzer Gepard nachlegen.
Schützenpanzer vom Typ Marder

Schützenpanzer vom Typ Marder

Foto: Philipp Schulze / picture alliance/dpa

Deutschland verstärkt seine Waffenhilfe für die Ukraine. Die Bundesregierung will dem von Russland angegriffenen Land Schützenpanzer des Typs Marder sowie eine Patriot-Flugabwehrbatterie liefern. Das geht aus einer gemeinsamen Presseerklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Biden nach einem Telefonat der beiden Politiker hervor. Die USA wollen der Ukraine ihrerseits Panzer vom Typ Bradley zur Verfügung stellen.

In der Pressemitteilung wird keine Zahl genannt; nach SPIEGEL-Informationen will Deutschland bis zu 40 Marder an die Ukraine liefern, um ein Panzergrenadierbataillon voll auszustatten. Die ersten Marder sollen nach den Plänen der Bundesregierung schon im ersten Quartal ausgeliefert werden.

Bei den Mardern könnte es sich um alte Modelle aus Beständen der Industrie handeln, die derzeit aufgearbeitet werden. Hinzukommen könnten wohl auch Modelle aus Bundeswehrbeständen, die in den kommenden Monaten durch Modelle aus der Instandsetzung der Industrie ersetzt werden. Vorgesehen ist dem Statement zufolge, dass ukrainische Einheiten von der Bundeswehr ausgebildet werden sollen. Die Ausbildung sei jederzeit aktivierbar, heißt es aus Berlin.

Abstimmung zwischen Paris, Berlin und Washington seit kurz vor Weihnachten

Der Marder-Hersteller Rheinmetall hatte im vergangenen Sommer rund hundert Exemplare des Schützenpanzers aus Altbeständen vorrätig. Davon erhält Griechenland im Zuge des »Ringtauschs« nach und nach 40 Exemplare und gibt dafür Sowjetpanzer an die Ukraine ab. Die restlichen 60 Marder sind nach SPIEGEL-Informationen weiterhin verfügbar, müssten aber erst aufbereitet werden.

Aus Industriekreisen hieß es, Rheinmetall könne in den nächsten sieben Monaten 40 Marder wieder auf Stand bringen. Möglicherweise könne man einige Modelle aus dem »Ringtausch« herausnehmen und in die Ukraine umleiten.

Die Ukraine hatte schon seit Monaten um westliche Schützen- und auch Kampfpanzer gebeten. Nach SPIEGEL-Informationen hatten Deutschland, Frankreich und die USA seit kurz vor Weihnachten ausgelotet, wie man die Ukraine noch wirksamer ausstatten kann. Dabei war nach Angaben aus Sicherheitskreisen sehr schnell klar, dass alle drei Nationen Panzer liefern würden. Kurz nach Silvester sei dann die Entscheidung zur Marder-Lieferung gefallen. Eine ähnliche Menge Bradley-Panzer soll aus den USA kommen. In Berlin wurde betont, dass keiner der Partner gedrängt wurde, stattdessen habe es schnell Einigkeit gegeben, dass man bei den Waffenlieferungen einen weiteren Schritt gehen müsse.

Frankreich hatte am Mittwoch angekündigt, der Ukraine Spähpanzer des Typs AMX-10 RC zu liefern . US-Präsident Biden hatte schon am Mittwoch gesagt, die USA würden die Bradley-Lieferung erwägen. Danach hatte sich eine Änderung der deutschen Position abgezeichnet. Bundeskanzler Scholz hatte stets betont, es werde keine deutschen Alleingänge geben, man stimme sich mit den internationalen Verbündeten ab.

»Erfreulicher, wichtiger und überfälliger Schritt zur Unterstützung der Ukraine«

Da nun zwei der wichtigsten ihre Haltung zu Panzerlieferungen revidiert haben, fiel dieses Argument für Scholz weg. Auch bei der militärischen Leitung im Verteidigungsministerium hieß es, eine komplett ablehnende Haltung sei nicht mehr durchzuhalten. Hintergrund ist nach SPIEGEL-Informationen auch die Erkenntnis der westlichen Partner, dass die Ukraine angesichts des Kriegsverlaufs nun mehr Panzer benötigt.

Koalitionsintern gab es von FDP und Grünen schon lange die Forderung, der Ukraine auch Schützenpanzer zur Verfügung zu stellen , auch der Ruf nach der Lieferung von Kampfpanzern wurde vereinzelt laut. Seit der Ankündigung Frankreichs am Mittwoch mehrten sich auch in der Kanzlerpartei SPD Stimmen für einen Kurswechsel. Am Freitag will Scholz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefonieren, um über die Panzerlieferung zu sprechen.

Die Ankündigung, der Ukraine Marder zur Verfügung zu stellen, stieß bei den Grünen auf Zustimmung. »Gut, dass Präsident Macron vorangegangen ist. Gut, dass auch Kanzler Scholz und Präsident Biden heute nachziehen«, sagte Sara Nanni, Obfrau der Grünen im Verteidigungsausschuss, dem SPIEGEL. Die Lieferungen der Marder und des Patriot-Systems seien richtig und wichtig. Nun müsse rasch die Ausbildung organisiert werden.

Der Grünenabgeordnete Robin Wagener, Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, sagte dem SPIEGEL: »Die angekündigten Schützenpanzer sind ein erfreulicher, wichtiger und überfälliger Schritt zur Unterstützung der Ukraine.« Doch angesichts der russischen Mobilisierung werde es nicht allein bei Schützenpanzern bleiben können. Zur Wahrheit gehöre aber auch, »dass wir den Marder schon seit dem Frühjahr hätten liefern müssen.« Die Zurückhaltung habe keinerlei deeskalierenden Effekt auf den Kreml gehabt.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, begrüßte die Ankündigung ebenfalls. Sie sprach von einer großen Erleichterung. Die Entscheidung komme »sehr spät, aber nicht zu spät«.

Weitere Gepard-Lieferungen vorgesehen

Zusätzlich zu den Mardern und der Patriot-Batterie will die Bundesregierung die Ukraine auch mit weiteren Flugabwehrpanzern vom Typ Gepard versorgen. Nach SPIEGEL-Informationen laufen bereits Gespräche mit zwei Staaten, die noch über Gepard-Bestände und reichlich 35-Millimeter-Munition verfügen. Noch gibt es kein Abkommen, aber in Berlin herrscht vorsichtige Zuversicht, dass man der Ukraine in den kommenden Monaten noch weitere Geparden liefern kann.

Der Gepard, von dem Deutschland im vergangenen Jahr bereits 30 Systeme in die Ukraine geliefert hat, erwies sich an der Front als sehr leistungsfähig. Vor allem zur Bekämpfung von durch Russland abgefeuerten Drohnen sei das System sehr effektiv, heißt es in Militärkreisen. Bereits im Dezember hatte Berlin der Ukraine sieben weitere Geparden zugesagt. Käme es jetzt zu einer weiteren Lieferung mit bis zu 30 zusätzlichen Panzern dieses Typs, würde dies die ukrainische Luftabwehr substanziell verstärken.