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Sanktionen gegen Russland Brüssel und Berlin wollen Transitverbot nach Kaliningrad beenden

Litauen blockiert den Transit bestimmter Güter in die russische Exklave Kaliningrad – und beruft sich auf EU-Sanktionen. Nun laufen Gespräche über ein Ende der Maßnahme, auch auf Drängen der Bundesregierung.
Güterzug auf dem Weg nach Kaliningrad im litauischen Kybartai (Archivfoto)

Güterzug auf dem Weg nach Kaliningrad im litauischen Kybartai (Archivfoto)

Foto: Mindaugas Kulbis / AP

In den Streit über das Transitverbot bestimmter Waren in die russische Exklave Kaliningrad kommt Bewegung. Nach SPIEGEL-Informationen könnte die Maßnahme schon bald aufgehoben werden – auch auf Bestreben Deutschlands hin.

Seit fast zwei Wochen diskutieren die EU-Kommission und Litauen, ob auch Transitgüter für Kaliningrad unter die EU-Sanktionen fallen. Nun drängt die Bundesregierung darauf, das Gebiet davon auszunehmen, um eine Eskalation zu vermeiden. Denkbar wäre, dass Brüssel eine sogenannte Guidance veröffentlicht, also eine rechtliche Erläuterung zum vierten Sanktionspaket, auf das sich die Litauer berufen. In dieser könne klargestellt werden, dass der Transport nach Kaliningrad von den Sanktionen nicht betroffen ist. Noch gibt es aber keine Einigung mit der litauischen Regierung. Die Sache ist heikel, weil die Kommission vermeiden will, die Regierung in Vilnius bloßzustellen.

Litauen verbietet seit dem 17. Juni unter Verweis auf EU-Sanktionen wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine den Transport von Gütern wie Baumaterialien, Metalle und Kohle in die Exklave. Von dem Verbot betroffen sind auch die Zugstrecke zwischen Moskau und Kaliningrad und Transporte auf der Straße. Die Luft- und Seewege sind von den Sanktionen nicht betroffen.

»Das ist ein Transport von Russland nach Russland«

Die Bundesregierung ist nach SPIEGEL-Informationen über Litauens Vorgehen verärgert. Die Einschätzung der Litauer, der Transit sanktionierter Güter dürfe auch nach Kaliningrad nicht durch das Gebiet der EU erfolgen, teilt man in Berlin nicht. »Das ist ein Transport von Russland nach Russland«, heißt es. Der sei erlaubt.

Die Bundesregierung befürchtet, dass der Konflikt mit Russland wegen des Transitstreits weiter eskalieren könnte. Moskau, so die Sorge, könnte Gewalt anwenden, um einen Landkorridor zu schaffen. Kaliningrad grenzt an Litauen, Polen und die Ostsee. Bundeskanzler Olaf Scholz hat immer wieder betont, eines seiner wichtigsten Ziele sei es, zu verhindern, dass die Nato Kriegspartei werde. In Litauen sind deutsche Soldaten stationiert, die in einen möglichen Konflikt verwickelt werden könnten.

Aus litauischen Regierungskreisen hieß es am Donnerstag: »Die Deutschen üben Druck auf die Kommission aus, um durchzusetzen, dass die Sanktionen nicht für Kaliningrad gelten. Sie fürchten, dass ihre Soldaten in einen militärischen Konflikt geraten könnten und lassen sich von Russland einschüchtern.«

Lösung bis zum 10. Juli anvisiert

Bis zum 10. Juli, wenn die nächsten Sanktionen in Kraft treten sollen, soll es eine Lösung geben. Litauen besteht darauf, sich bei der Auslegung der Sanktionen an geltendes Recht zu halten. »Nicht wir haben unsere Haltung geändert, sondern die EU hat es«, heißt es in Vilnius. Noch im April habe man von der Kommission die Zusicherung erhalten, dass die Sanktionen auch für den Transit von und nach Kaliningrad gelten – »immer dann, wenn Güter aus Russland die EU-Grenze queren, sowohl auf der Schiene als auch der Straße«. Auch nach dem fünften Sanktionspaket sei von der Kommission nichts anderes kommuniziert worden. »Wir dachten, das sei erledigt«, sagt ein hochrangiger Vertreter des Landes.

Aus Sicht der Litauer war Russland, anders als dargestellt, bestens auf das Inkrafttreten der Sanktionen vorbereitet. Anhand der Transitdokumente wisse man, dass sich die Einfuhr von Stahl kurz vor dem 17. Juni mehr als verdoppelt habe. Von 38 beziehungsweise 40 Tonnen stieg demnach die Zahl des transportierten Stahls auf 90 Tonnen im Mai.

In Vilnius fürchtet man nun, dass jede Rücknahme der Sanktionen die Sicherheitslage verschlechtern könne. »Sanktionen müssen durchgesetzt werden. Keine Entscheidung sollte die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der EU-Sanktionspolitik untergraben«, hatte eine Sprecherin des litauischen Außenministeriums jüngst gesagt.

ran/jpe/Reuters